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WEIN: LIEBER STEIL ALS FLACH

WEIN: LIEBER STEIL ALS FLACH

 

 

DRINK IT OR LOOSE IT 

Weinberge in Steillagen produzieren ausgezeichnete Weine. Die Steillagenweinberge sind in Gefahr zu verschwinden. Das wird dann nicht nur die Liebhaber guter Weine schmerzen

Denk ich an Deutschland und den Wein

Nicht alle internationalen Weinexperten kennen Heinrich Heine, alle Weinprofis aus dem Ausland haben jedoch die Weinberge in den Steillagen im Kopf wenn sie an deutschen Wein denken. Die Reben von einigen international renommierten Weißweinen kommen von dort.

Man findet die Steillagen beispielsweise im Rheingau, an der Mosel, an der Nahe oder an der Elbe in Sachsen. Internationale Weinexperten, die wie das englische Königshaus seit Jahrzehnten von deutschen Weißweinen begeistert sind, bezeichnen die deutschen Steillagen-Weinberge als ikonisch.

Ab einer Hangneigung von 30 Prozent gilt laut deutschem Weinrecht die Bezeichnung Steillage. Einer der berühmtesten Steilhänge, der Bremmer Calmont an der Mosel weist eine Hangneigung von 68 Grad auf.

Einen kleinen Eindruck des Aufwandes der Arbeiten in einem Weingarten mit Steillage kann man hier im Video des bekannten Winzers Dr. Loosen aus Bernkastel an der Mosel erhalten.

Lohnt sich die Steillage?

Weinberge in Steillage wurden am Rhein und an der Mosel bereits von den Römern angelegt, denn die umfangreichere Sonneneinstrahlung, vor allem am Südhang, sorgen für ein ideales Mikro-Klima. Auch der  Boden kann sich durch den geringeren Schattenwurf gut erwärmen. Die Vegetationsperiode ist in der Regel am Hang länger, so dass die Trauben Zeit haben, gut zu reifen.

Ist Regen angesagt, fließt er gut ab und führt nicht zu Staunässe. Letzteres ist jedoch bei Starkregen problematisch, da die Bodenkrume am Steilhang nicht allzu umfangreich ist.

Die goldene Regel, dass schwierige Bedingungen (Schiefer, Quartz, Steilhang) oft zu besonders guten Weinqualitäten führen, ist bei Weinproben nachvollziehbar. Die Wurzeln der Weinstöcke müssen sich ihren Weg in die Tiefe suchen und nehmen dabei Mineralien auf.

Geschmack ist relativ — mag man komplexe, mineralische Weine, liebt man die klaren Weine, die Steillagen oder andere schwierige Bodenbeschaffenheit hervorbringen.

Endlose flache Weinfelder sind mit hohem Maschineneinsatz weitaus leichter zu bewirtschaften und führen im Ergebnis zu eher breiteren, vollmundigeren Weinen.

Sieht man sich die französische Klassifikation der Weine im Burgund an, sind es oft die mittleren Hanglagen, die in der höchsten Kategorie eingeordnet werden.

Genuss mit Geschichte

In vielen Weingütern deutet der Name bestimmter Weine auf eine besonders gute Qualität, die in der Vergangenheit oft dem Abt oder Centgrafen gewidmet war. Mit Sicherheit floss in der Vergangenheit der beste Wein in die edelsten Weinkelche.

Vergleicht man die Preise der Weine, die in Steillagen produzieren, sind die Preisunterschiede zu Weinen, die in der Ebene angebaut werden, relativ gering.

Der wesentlich höhere Arbeitsaufwand, für den sich immer weniger Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen finden lassen, wird nicht entlohnt. Und auch Investitionen in Drohnen, das Anlegen von Steinterrassen und Zugwinden, welche die menschliche Arbeit erleichtern, kosten Geld.

Im Steilhang muss per Hand gelesen werden. Das bietet beste Chancen für eine sorgfältige Selektion der Reben.

Der Deutsche Weinbauverband und viele regionale Verbände charakterisieren den deutschen Weinkäufer als sehr kostensensitiv. Dabei ist qualitativ guter deutscher Weißwein im Wettbewerb kostengünstig. Wer qualitätsmäßig vergleichbare Weine aus Frankreich, England oder gar Kalifornien im Glas haben möchte, muss weit tiefer in die Tasche greifen.

Globalisierung kontra Kleinteiligkeit

Der deutsche Weinbau sei immer noch sehr kleinteilig, klagen Importeure aus anderen Ländern. Sie konzentrieren sich daher oft auf das absolute Spitzensegment deutscher Weine, für die bei Kennern im Ausland auch Spitzenpreise bezahlt werden.

Siehe auch

Wer GloriousMe kennt, weis, dass unsere Sicht immer international und genussorientiert ist. Den Aufruf der deutschen Weinwirtschaft, dass es ihr besser ginge, wenn nur jeder Einwohner eine Flasche Wein aus deutschen Landen mehr kaufen würde, haben wir als verzweifelt empfunden, können ihn aber nachvollziehen, denn Inflation, steigende Energie- und Personalkosten sowie Zölle machen auch vor dem deutschen Weinbau nicht halt.

Und gerade beim Weißwein ist die Qualität vieler deutscher Winzer auf weltweitem Top-Niveau.

Weinprobe © GloriousMe 2025

Weniger aber besseren Wein zu trinken, wäre eine Maßnahme, um vielen Winzern ein Überleben zu ermöglichen. Und wenn Sie gar keinen Alkohol trinken, lohnt es sich dennoch, beim nächsten Besuch eines Weingutes, persönlich oder Online, mal darauf zu achten, ob der Wein in Steillage produziert wurde und ein schönes Geschenk für Freunde zu erwerben.

Die Idee auf dem Weinetikett zu vermerken, ob der Wein aus einer Steillage kommt, ist schön, aber dauert vermutlich Jahrzehnte, bis zur Umsetzung im deutschen Weinrecht.

Auf den inspirierenden Anblick von Weinbergen in Steillage zu verzichten wäre schade für jeden Wanderer und für Touristen aus aller Welt, die immer noch nach der Loreley suchen und immer mehr gerodete ehemalige Weinberge vorfinden, deren Anblick weit weniger romantisch ist.

Buy It or loose it, damit die nun beginnende Weinlese nicht in einigen Weinbergen in Steillage die letzte sein wird.

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Fotografien © Deutsches Weininstitut GmbH

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