WISSENSWERTES ZUR AUSTER
Die Auster hat eine kleine, aber überzeugte Fan-Gemeinde. Es gibt einige Vorbehalte und viele haben sie schlicht noch nie probiert. Zeit für einen ersten Versuch oder eine zweite Chance.
Man liebt sie weltweit – wenn auch in unterschiedlicher Form
Der größte Markt für Austern ist, wie sollte es auch anders sein, die Volksrepublik China. Somit steht Asien an der Spitze der Austernproduzenten, gefolgt von Frankreich, den USA, Südkorea, Japan und Kanada.
Während in Asien die Auster gerne pochiert, überbacken und gegrillt wird oder in Pfannkuchen, Saucen oder Suppen integriert wird, bevorzugt man in Europa der frischen Genuss der Auster, direkt aus der Schale.
Frische Austern wurden schon im antiken Griechenland und Italien als Vorspeise serviert. Caesar liebte Austern und ließ sich, so die Legende, Austern aus dem heutigen Irland und Frankreich nach Rom transportieren.
Die Kuriere mussten sich allerdings sputen, denn Austern können bis zu 11 Tage nach Entnahme aus dem Meerwasser leben, brauchen dazu allerdings eine Temperatur von 2 bis 7 Grad Celsius. Dabei sollten sie ein feuchtes Klima haben.
Die dekorativen Verkaufskistchen aus Spanholz, oft gefüllt mit Algen oder Seegras oder ein feuchtes Tuch, die man in den Fischtheken sieht, sowie die entsprechende Temperatur sind geeignete Voraussetzungen.
Mit moderner Logistik kommen die Austern in der Regel schon zwei Tage nach ihrer Ernte in den lokalen Handel.

Paris © 2025
Austern Puristen
Die Puristen unter den Austern-Liebhabern mögen die Auster pur und schlürfen sie am liebsten direkt aus der Schale, die der Koch oder Verkäufer zuvor kundig geöffnet hat.
So schmeckt man das Meer und das Plankton am besten, schließt die Augen und ist in der Bretagne oder in Schottland.
Dazu gehört bei vielen ein Spritzer Naturzitrone. Aus geschmacklichen Gründen und um festzustellen, ob die Auster tatsächlich noch lebendig ist, da sich der Rand der Auster bei Berührung mit dem Zitronensaft kurz zusammenzieht.
Experten sehen diesen „Test“ allerdings skeptisch. Und wir selbst haben ihn schon einige Male ohne Erfolg angewendet. Bekommen waren uns die Austern trotzdem , wenn auch mit etwas mulmigem Gefühl.
Stufe Drei ist die Vinaigrette aus Rotweinessig, kleingewürfelten Schalotten, etwas Zitronensaft und etwas Senf. Die Steigerung ist Worcestersauce. Spätestens dann stellt sich die Frage, ob man Austern aufgrund ihres spezifischen Geschmacks oder aus anderen Gründen bestellt hat.
Bei allen anderen Darreichungsformen wie gratiniert oder mit exquisiten Schäumchen braucht es einen exzellenten Koch, dann ist das Ergebnis formidabel.

Oyster – A Gastronomic History with recipes von Drew Smith
Austern Kenner
Weltweit gibt es über 100 Austernarten. In Europa werden mittlerweile nur wenige davon gezüchtet. Der Artenreichtum europäischer Austern wurde durch verschiedenste Umwelteinflüsse, angefangen von früher schädlichen Schiffslackierungen, über Eintragungen von Pestiziden und Herbiziden aus der Landwirtschaft, sonstigen Umweltverschmutzungen und Schädlingen stark dezimiert.
Daher dominiert in Europa mittlerweile die invasive, wesentlich widerstandsfähigere Pazifik-Auster.
Der schädliche Schiffslack ist mittlerweile verboten, viele Umweltgifte reduziert und die Wasserqualität in den Austernzüchtungen streng kontrolliert. Dem Genuss steht nichts mehr im Wege.
Es lohnt sich daher, zumindest die in Europa gängigsten Austernsorten, mittlerweile auch Austernmarken, unterscheiden zu können:
FInes de Claire
Diese Felsenfester kommt in Europa meist aus der Normandie oder der Bretagne in den Handel. Sie werde in den dortigen „claires“ den Zuchtbecken oder Zuchtkanälen zum Nachreifen gelagert. Sie ist relativ preisgünstig und somit weit verbreitet. Spéciales de Claire verbleiben einige Monate länger in den Becken und sind geschmacksintensiver.
Bélon
Austern, die im Wasser des französischen Flusses Bélon (Bretagne) verfeinert wurden, dürfen den Namen Bélon tragen. Diese eher rundliche Auster wächst langsamer und ist im Geschmack etwas feiner und damit begehrter, was sich in einem höheren Preis niederschlägt.
Stammt die europäische Rundauster aus England, findet man sie auf der Speisekarten unter der Zeichnung Colchester oder Galway (Irland) sowie Loch Fynn (Schottland).
Gillardeau
Aus dem Südwesten Frankreichs stammt diese Austern, die vom Familienunternehmen Gillardeau so benannt wurde. Sie ist im Vergleich zur Bélon fleischiger und liegt im mittleren Preisbereich.
Chironfils
Chironfils ist ein weiteres Traditionsunternehmen, ebenso aus dem Südwesten Frankreichs, das es geschafft hat, seine Austern und sonstigen Meeresfrüchte unter dem Markennamen Chironfils am Markt zu etablieren. Seit 1897 produziert man im Marennes-Oléron-Becken in sechster Generation Austern.
Sylter Royal
Mit Marketing kennt man sich auf Sylt bestens aus. So trägt die Auster aus dem nordfriesischen Wattenmeer vor der Insel Sylt, deren Zucht 1986 nach langjähriger Unterbrechung fortgesetzt wurde, den Namen Sylter Royal. Auch hier handelt es sich um eine eher fleischige Auster im Vergleich zur flachen Bélon.
Daneben gibt es in Europa natürlich auch köstliche Austern aus den Niederlanden (Zeeland) oder Belgien (Oostende oder Blankenberge).
Austern-Bars erleben immer wieder eine Renaissance. Eine der berühmtesten, die Grand Central Station Oyster Bar in New York hat 2023 ihr 111 jähriges Jubiläum erlebt. Relativ unprätentiös ist das größte Vergnügen dort, an der Bar die Schilder der tagesfrischen Austernauswahl zu lesen und zu probieren.
Klein und fein
Zudem lohnt es sich noch, die Größenordnung der Austern zu kennen. Die Nummerierung in Europa zählt von 1 bis 5. Je höher die Nummer, desto kleiner die Auster. Während die Austern Nr, 0 ein Gewicht von circa 150 Gramm haben kann, kommt die Auster Nr. 5 auf etwa 50 Gramm.
Ein gutes Restaurant verzeichnet auf der Karte die Herkunft, Sorte und Größe der Auster.
In Asien findet man oft weitaus größere Austern-Exemplare. Macht Sinn, wenn man damit kochen möchte, weniger für den rohen Genuss.
It is a matter of taste
Jemand, der den Geschmack einer Auster nicht mag, werden diese Argumente nicht überzeugen. Dem Austernliebhaber hingegen tut es gut zu wissen, dass die Austern voller Mineralien ist und in hohem Maße Zink und Eisen enthält.
Unterschiedliche Länder lieben unterschiedliche Getränke zur Auster: In Frankreich passt ein Glas Champagner gut zur Auster und zur Tatsache, dass die Auster das ganze Jahr über geschätzt, aber insbesondere zu Weihnachten und Silvester gern auf den Tisch kommt.
Meist wird ein Glas Weißwein zur Auster gereicht. Viele Weißweine haben es beim spezifischen Geschmack der Auster schwer. Daher empfehlen Kenner eher ein Glas Sherry dazu.
In Schottland liebt man ein Glas Whisky zur Auster, in Irland darf es gerne ein Guiness und in der Normandie auch ein Calvados zur Auster sein.
Es kommt darauf an, ob man die Auster als Hauptgang sieht und mit Freude in einer Austern-Bar sich durch unterschiedliche Austern-Sorten durchprobiert oder ob die Auster der Auftakt zu einem mehrgängigen Menü ist. In letzterem Fall kann die Auster auch ohne begleitendes Getränk bestehen.

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Austern waren in früheren Jahrhunderten kein Luxusgut. Im Gegenteil. Während die Männer des berühmten Austernortes Cancales über Monate hinweg zum Fang von Kabeljau unterwegs waren, wurden die Austern von Kindern und Frauen von den Steinen geschlagen und als günstiges und sehr nahrhaftes Lebensmittel verzehrt.
In englischen Pubs wurden die Austern in früheren Zeiten, als die Auster noch an vielen Küsten in großen Mengen zu finden war, den Gästen kostenlos serviert, um auf diese Weise Gäste anzulocken und den Konsum von Bier zu steigern.
Die Monate mit „r“
Viele kennen noch die alte Regel „Austern in einem Monat mit r“. Die Monate der kälteren Jahreszeit waren früher von Bedeutung, als die Logistik-Ketten von der Ernte bis auf den Tisch noch mehr Zeit benötigten.
Heutzutage kann man diese Regel nicht mehr generell anwenden. Der Klimawandel führte zur Erwärmung der Meerestemperaturen. Im Extremfall bedeutet dies, dass die Austernproduktion zeitweilig eingestellt wird und wieder aufgenommen wird, sobald die Temperatur des Wassers sinkt. Das sind jedoch Ausnahmefälle und der Austernproduzent sorgt selbst für eine hohe Qualitätskontrolle, um seine loyalen Kunden zu bewahren.
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Fotografien © GloriousMe