IKIGAI ODER WOFÜR WIR MORGENS GERNE AUS DEM BETT SPRINGEN
Ein kleines Buch beschreibt eine japanische Lebenseinstellung, die es uns allen erlauben könnte, unser Glück im Leben zu finden. Mittlerweile weltweit ein Bestseller.
Work-Life-Balance unbekannt
Der Autor des kleinen lesenswerten Büchleins zum Thema Ikigai meint, es macht keinen Unterschied, ob man das Glück im Beruf oder in der Freizeit findet. Wichtig ist nur, dass man es findet.
Sie kennen bestimmt jemanden, dem Sie dieses Buch schenken könnten. Es ist mittlerweile auch in einer deutschen Übersetzung erhältlich.
Wir fanden den Ansatz des Neurowissenschaftlers Kenichirõ Mogi überzeugend. Er fasst seine fünf Vorschläge zu Beginn des Buches zusammen:
1 Klein anfangen | Starting small
2 Sich darin verlieren | Releasing yourself
3 Harmonie und Nachhaltigkeit | Harmony and sustainabilty
4 Die Freude an den kleinen Dingen | The joy of little things
5 Im Hier und Jetzt | Being in the here and now
Ein Einblick in die japanische Denkweise
Diese fünf Prinzipien beleuchtet der Autor anhand von vielen Beispielen aus Japan. Er beschreibt einen Sushi-Meister dessen äußerlich schlichtes, aber mit Sternen des Guide Michelin ausgezeichnetes Restaurant (Sukiyabashi Jirio) für den Auftakt eines Staatsbesuches des damaligen US-Präsidenten Barack Obama ausgewählt wurde.
Der Eigentümer dieses mittlerweile berühmten Restaurants hat klein angefangen und nach der mehrjährigen Lehre zum Sushi-Meister über Jahrzehnte hinweg die Sushi-Kombinationen, den Reis und die Saucen immer weiter perfektioniert. Bis heute versucht er nicht neue, komplexere Sushi-Angebote zu kreieren sondern die bestehenden zu perfektionieren.
Der damalige japanische Premierminister Shinzo Abe wollte am Vorabend des offiziellen Staatsbankettes am darauffolgenden Tag seinem Gast aus den USA in kleinem Rahmen mit einem Abendessen willkommen heißen. Die Auswahl an hervorragenden Restaurants in Tokyo wäre groß gewesen. Die Entscheidung für dieses Restaurant hat ein Zeichen dafür gesetzt, worauf man in Japan stolz ist.
Barack Obama schwärmte so sehr von seinem Besuch dort, dass es bis heute schwierig ist, in dem kleinen Restaurant mit 10 Plätzen eine Reservierung zu bekommen. Der Dokumentarfilm „Jiro und das beste Sushi der Welt“ gibt einen guten Einblick in das lebenslange Streben des nun über 90jährigen Sushi-Meisters nach Perfektion.
Kinder kennen es nicht anders
Kinder verlieren sich in die Aktivitäten, die ihnen Spaß bereiten. Zeit spielt keine Rolle. Sie denken nicht zurück und planen nicht nach vorne, sondern sind im Hier und Jetzt. Das fällt uns als Erwachsene meist schwer, insbesondere dann, wenn wir mit Dingen beschäftigt sind, die wir eigentlich eher ablehnen.
Sobald wir uns mit Aktivitäten beschäftigen, in denen wir aufgehen, spielt Zeit keine Rolle mehr. Der Autor Kenichirõ Mogi legt großen Wert darauf, dass Ikigai keineswegs nur auf Freizeitaktivitäten bezieht. Es kann jede Art von Tätigkeit sein.
Auch der Status der Tätigkeit oder die Komplexität der Tätigkeit ist bedeutungslos. Perfect Days, der Film von Wim Wenders, der den berühmten Kõji Yakusho in der Hauptrolle als einen Toilettenreiniger in Tokyo zeigt ist das beste Beispiel dafür, dass jemand seine Aufgabe ernst nimmt und sie mit Freude tut. Tag für Tag. Wir hatten diesen Oscar-nominierten Film bereits in einem früheren Artikel wärmstens empfohlen.
Perfect Days, Wim Wenders, 2023 © Alamy Stock Foto
Die Freude an den kleinen Dingen
Wofür kann man am Ende des Tages dankbar sein. Klingt einfach, scheint jedoch für die meisten Menschen unmöglich zu sein.
Dieser, wie viele andere Artikel entsteht während einer längeren Fahrt im ICE. Durch das Fenster fällt der Blick auf eine spätsommerliche Landschaft im Sonnenschein, der Cappuccino wird auf Wunsch am Platz reserviert und anders als in der Ukraine ist kein Fliegeralarm zu erwarten. Blickt man jedoch in die Gesichter der mitreisenden Fahrgäste sieht man wenig Freude, positive Ausstrahlung oder gar ein Lächeln auf dem Gesicht.
Freude an den kleinen Dingen dieses Sonntags ist nicht zu verspüren und wir bezweifeln, dass unsere Mitreisenden am Abend reflektieren, welche vielen kleine Dinge ihnen heute hätten Freude bereiten können.
Die Voraussetzung
Vielleicht liegt es an der wichtigen Voraussetzung die der Autor gegen Ende seines Buches nochmals betont: Das Glück des Ikigai lässt sich nur finden, indem man sich selbst als Person akzeptiert und dann herausfindet, was einem am Morgen mit frohem Sinn aus dem Bett springen lässt.
Wenige machen sich auf den Weg, herauszufinden, wer sie wirklich sind und hoffen über die Erfüllung der Anforderungen, die andere an sie stellen, Glück zu finden.
Genau darin liegt der entscheidende Unterschied zum Wunsch nach Applaus, Anerkennung, Klicks, Öffentlichkeitswirksamkeit. So lange unser Glück scheinbar von der Wertschätzung durch anderer oder vom kurzfristigen Erfolg abhängt, wird es flüchtig oder nicht realisierbar sein.
Der Wunsch nach dem Glück ist universell
Der kleine Band Ikigai ist ein internationaler Bestseller geworden, obwohl er fast ausschließlich japanische Beispiele zitiert und das Buch zugegebenermaßen sich etwas leichter erschließt, wenn man japanischer Ästhetik und japanischen Lebensweise gegenüber sensitiv ist. Denn nicht jeder mag verstehen, dass man dem Töpfern einer bestimmten Teeschale sein Leben widmen kann.
Titelbild © GloriousMe 2024
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