Das Meer weckt in jedem von uns den Abenteurer
Der Faszination des Meeres kann sich kaum jemand entziehen
Wieder volle Kraft voraus
Die COVID-Pandemie hat dem Kreuzfahrtmarkt eine empfindliche Delle versetzt. Das globale jährliche Passagiervolumen der Kreuzfahrtreisenden brach von 2019 auf 2020 um 81 Prozent ein und sank 2021 nochmals um 17,6 Prozent auf 4,7 Millionen Passagiere (Cruise Lines International Organisation (CLIA) 2021, Global Market Report).
Die Aussichten haben sich für die Branche Post-COVID wieder aufgehellt. Kreuzfahrttouristen sind treue Kunden. 91 Prozent aller internationalen Passagiere, die bereits eine Kreuzfahrt unternommen haben, geben an, wieder in See stechen zu wollen.
72 Prozent aller Reisenden, die noch nie ein Kreuzfahrtschiff betreten haben, sind offen dafür, so eine aktuelle Umfrage in den neun wichtigsten Kreuzfahrtländern (CLIA, 2022).
Ein Reisesegment fängt gerade erst an auf den Weltmeeren durchzustarten: Das Luxussegment.
Da überlegt selbst der Pirat zweimal
Die Luxusyacht Silenseas, eines der zahlreichen neuen Schiffe, die aktuell für das Luxussegment im Bau oder in Planung sind, wirkt wie eine Kreuzung von moderner Segelyacht und Kriegsschiff.
Rendering: Orient Express Silenseas © Martin Darzacq
Die 220 Meter Yacht (der Begriff Kreuzfahrtschiff ist in diesem Segment tabu) beherbergt 54 Suiten mit einer durchschnittlichen Größe von 70 Quadratmetern.
In Punkto Service, Kulinarik und Unterhaltung an Bord bleibt kaum ein Wunsch offen. Gesanglich ambitionierte Gäste können ein professionelles Aufnahmestudio nutzen und auf den Weltmeeren ihre nächste Karriere auf den Weltbühnen starten.
Hybrid ist auch hier das Motto: Die drei starren Segel, jeweils mit 1500 Quadratmetern Segelflächen, an 100 Metern hohen Masten befestigt, können bei geeigneten Windbedingungen dem Schiff Fahrt verleihen.
Ansonsten werden die Motoren des Schiffes mit Liquefied Natural Gas betrieben, dessen Abkürzung LNG uns mittlerweile allen geläufig ist.
Gebaut von der französischen Werft Charters de l’Atlantique in der Bretagne, ist die Luxusyacht ein Projekt der Accor-Gruppe und Teil des Luxussegmentes Oriental Express und damit eine logische Ergänzung des Angebotes von Hotel und Luxuszug.
Das schwimmende Luxusressort, ungetrübt von allen irdischen und mühseligen Themen an Land, wird 2026 erstmals in See stechen.
Neuer Wind aus Monaco
Während im Yachthafen von Monaco eine stolze Auswahl imposanter privater Motoryachten liegen, empfindet Pierre Casiraghi, an achter Stelle in der Nachfolge des Fürsten von Monaco, die Entwicklungen solcher Superyachten als einen Irrweg.
Aus seiner Sicht geht es bei diesen Schiffen fast ausschließlich um Interieur und nicht um Innovation. Das Erlebnis auf dem Meer gleicht dort einem Appartement mit Meerblick, hat aber mit Erlebnis von Wind und Wellen, das die meisten Segler wie ihn anziehen, nichts mehr zu tun.
Pierre Casiraghi’s Liebe gilt klassischen Segelbooten aus Holz und Segelregatten wie der Vendée Globe oder der Ocean Race, bei denen Hightech Trumpf ist, aber die Einschätzung der jeweiligen Wetterlagen durch den Skipper letztlich über eine erfolgreiche Platzierung entscheidet.
Der Sohn von Caroline von Monaco, unterstützt mit seinen Netzwerkkontakten das Team Malizia, deren Name sich von Francesco Malizia ableitet, der als Spitzbub, oder als Schlitzohr bezeichnete Francesco Grimaldi, der 1297 als Franziskaner verkleidet Einlass in die Festung von Monaco erbat und mit dem Schwert, das er unter der Kutte verbarg, für sich und seine Familie Grimaldi die Festung eroberte.
Skipper der Malizia ist Boris Herrmann. Der gebürtige Oldenburger, der in Hamburg lebt, hat es geschafft hat, dass viele Nicht-Segler begannen, den Verlauf seiner Segelregatten bei YouTube oder auf anderen Social Media Kanälen zu verfolgen oder seine Erlebnisse im Buch „Allein zwischen Himmel und Erde“ nachlesen. Wir konnten das Buch nicht aus der Hand legen und haben selbst die Danksagung am Ende aufmerksamst gelesen.
Das Gegenteil von Luxus
Mit Rennyachten wie der Malizia und ihren Segeln und Foils über die Meere zu jagen, ist das Gegenteil des Luxus einer Superyacht wie der Silenseas. Die Nahrung an Bord der Malizia besteht nicht aus Menüs von Michelin-Stern gekürten Küchenchefs sondern im wesentlich aus Trockennahrung.
Da jedes überflüssige Kilo Gewicht vermieden werden soll, steht dem Skipper lediglich ein Kommandostuhl und eine Art Hängematte zur Verfügung. Schlaf ist an Bord maximal in 45 Minuten Einheiten möglich und trotz bestem Material muss auch bei schwerem Seegang nahezu ständig etwas ausgebessert und repariert werden.
A race we must win
Ist das Motto der Malizia, die auf ihren Fahrten Messungen und Projekte zum Umweltschutz fördert. Pierre Casiraghi und Boris Hermann haben mit der Malizia auch Greta Thunberg zur UN Vollversammlung nach New York über den Atlantik gebracht.
Dass zunehmende Umweltverschmutzung und bedrohliche Mengen an Plastik das Leben im Meer zunehmend gefährden, ist uns allen bewusst. Recycling von Plastik, das aus den Ozeanen gefischt wurde ist gut, dass es nicht dorthin gelangt, wäre wesentlich besser.
Ein klein wenig Seefahrer steckt in uns allen
Beobachtet man Menschen am Meer, fällt ihr Blick auf, der entspannt auf das Spiel der Wellen blickt und immer wieder den Horizont absucht. Egal ob Adria, Ostsee, Atlantik, Indischer Ozean oder Pazifik – das Meer symbolisiert Abenteuer. Es verheißt Freiheit und ein anderes Leben.
Es braucht dazu kein Boot – das Gefühl der Freiheit ist beim Schwimmen im Meer schon wenige Meter vom Ufer aus entfernt, zu erleben.
„Eine Gesellschaft ohne Schiffe, ist eine Gesellschaft ohne Träume“
meinte der französische Philosoph Michel Foucault.
Die Möglichkeit zu Träumen macht das Meer unwiderstehlich. Der Wind und das Salzwasser auf der Haut und in den Haaren genügt schon zu einem Hochgefühl, zumal viele vermeintliche Paradiese entlang der Ozeane, weit von paradiesischen Zuständen entfernt sind.
Hafenstädte sind strategisch wichtig und oft umkämpft, umso mehr, wenn sie an wichtigen Handelsrouten liegen, wie die Stadt Odessa gerade leidvoll erfahren muss.
Seitenweise Abenteuer
Viele Abenteuerromane, von Moby Dick über Robinson Crusoe bis zu 20.000 Meilen unter dem Meer von Jules Verne spielen auf oder am Meer.
Wer alle Klassiker schon gelesen hat, kann Marietta Navarro’s „Über die See“ zur Hand nehmen. Ein spannender Roman über eine Kapitänin eines Containerschiffes, den Denis Scheck unter anderem in diesem Video wärmstens empfiehlt.
Weiter oben auf den Literaturlisten im deutschsprachigen Raum ist der Roman „Zur See“ von Dörte Hansen zu finden. Das Buch über eine Seemannsfamilie auf einer Nordseeinsel ist als Nachfolgeroman der Mittagsstunde in aller Munde und beim Gang durch den ICE trifft man garantiert immer jemanden, der das Buch gerade liest.
Die spröde, hintersinnige Erzählweise von Dörte Hansen macht Vergnügen und schildert den Wandel, den der Tourismus auf eine Nordseeinsel bringt.
Beide Bücher sind bestens geeignet, die grauen, kalten Wintermonate zu genießen, denn wer will schon bei Eiseskälte an den Nordpol. Das ist selbst Prinz Harry nicht bekommen.
Träumen Sie von Ihrem nächsten Abenteuer an oder auf dem Meer, denn das Onboarding hat uns ja schon im Alltag erreicht. Kein Job ohne Onboarding und laut McKinsey brauchen wir alle, ob neu oder altgediente Mitarbeiter, Post-COVID ein Onboarding.
Ein Leuchtturm im Zeitschriftenmarkt
Die Anzahl der Neuerscheinungen von Magazinen, die nach wenigen Ausgaben wieder eingestellt werden, ist groß. Das Magazin mare, gegründet vom Schweizer Meeresbiologen Nikolaus Gelpke, ist bereits seit 1997 erfolgreich am Markt.
Ermuntert, ein Magazin zu Meeresthemen zu gründen, hat ihn die engagierte Meeresrechtlerin Elisabeth Mann Borgese, Tochter von Thomas Mann.
Das Meer, die Meeresbewohner und die Menschen, die mit und vom Meer leben stehen im Mittelpunkt der Reportagen: Das Spektrum der Reportagen reicht vom Fischhändler in Tokio, über U-Bootbauer in der Ukraine bis hin zu Eisbergen und Steueroasen.
Das dazugehörige Fernsehformat mareTV feierte gestern, am 1. Februar, übrigens bereits sein 22. jähriges Jubiläum. Das Meer und seine Themen bleiben faszinierend.
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Fotografien © GloriousMe