Was macht diesen außergewöhnlichen Ort aus?
Wartet man auf die Fähre nach Naoshima trifft man „alte Bekannte“, die man schon aus Venedig, New York oder Basel kennt: Kunstreisende und Kunstschaffende
Beton, Monet und das Meer
Wie gelingt es einer relativ kleinen Insel in Japan, Kunstliebhaber aus aller Welt, die man sonst auf der Biennale in Venedig oder der Art Basel trifft, anzuziehen?
Es ist die Mischung aus Natur, den Gebäuden des weltbekannten Architekten Tadao Ando und moderne Kunst.
Die Natur nimmt dabei aus unserer Sicht den Spitzenplatz ein. Die japanische Insel Naoshima liegt im Seto-Binnenmeer, einem Teil des Pazifischen Ozeans. Die Anreise beispielsweise von Tokyo aus mit dem Shinkansen nach Okayama und weiter mit dem Regionalzug oder dem Auto zur Fähre, die vom Uno-Hafen zweimal in der Stunde in etwa 40 Minuten auf die Insel fährt dauert 4 -5 Stunden.
Die Anreise ist komplexer als ein Flug nach Bilbao. Bei Naoshima kann man jedoch durchaus von einem Bilbao-Effekt sprechen.
Der Bilbao-Effekt
Ähnlich wie das Guggenheim Museum, entworfen vom amerikanischen Architekten Frank Gehry, das 1997 Bilbao nach dem Niedergang der alten Industrien wiederbeleben sollte (und das mit Bravour geschafft hat) war die Idee in Japan einigen Inseln, die mit zum Teil illegal entsorgten Abfällen von Schwerindustrie und einer stark schrumpfenden Bevölkerung zu kämpfen hatten, neu zu beleben und zu einem attraktiven Ort zu machen.
Der Eigentümer der Benesse Holding, einem Konzern, der im Bereich Aus- und Weiterbildung und im Bereich der Altenpflege arbeitet (Umsatz 2022 5,8 Milliarden Japanische Yen) stellte das Geld für die Entwicklung von Naoshima Island zur Verfügung und engagierte den Architekten Tadao Ando.
Die Idee: Mit Hilfe von herausragende Architektur und zeitgenössischer Kunst eine Zukunft für die Insel und einige Inseln in der näheren Umgebung zu schaffen.
Beton im Tatami-Matten Format
Der mit dem Pritzker-Preis ausgezeichnete japanische Architekt Tadao Ando, der unter anderem auch das Kunsthaus der Langen Foundation auf dem Gelände der ehemaligen NATO Raketenstation in Hombroich bei Neuss und den Konferenzpavillon für den Vitra Campus in Weil am Rhein entworfen hat, arbeitet vorwiegend mit Sichtbeton.
Die einzelnen Betonplatten haben jeweils das Format einer Tatami Matte, dem traditionellen Maß, mit dem man in Japan die Größe seiner Wohnung angibt.
Naoshima Island ist für den Fan des Architekten eine Schatzinsel, denn drei wichtige Bauten auf der Insel sind Tadao Ando pur: Das Chichu Art Museum, das Benesse House Museum und das Lee Ufan Museum.
Die Kunst der Reduktion
Wer sich für zeitgenössische Kunst interessiert, kennt in der Regel die wichtigen Museen der Welt, die alle eine Vielzahl an Werken besitzen und weitere Werke für Ausstellungen weltweit ausleihen. Die Fülle kann erschlagen.
Ganz anders auf Naoshima Island. Die Museen konzentrieren sich entweder auf einen Künstler, wie den Koreaner Lee Ufan oder den Japaner Hiroshi Sugimoto oder enthalten nur etwa ein Dutzend Kunstwerke, wie das Chichu Museum. Ein Raum dieses Museums enthält sieben Seerosengemälde von Claude Monet.
Zwei davon so modern anmutend und in so außergewöhnlichen Farbkomposition gemalt, das sie alleine den Weg auf die Insel wert sind.
Tadao Ando hat das Chichu Museum unterirdisch angelegt, eine Idee, die mittlerweile oft nachgeahmt wurde. Der Weg durch das Museum ist, wie Tadao Ando es vorzugsweise gestaltet, eine stille, ästhetische Vorbereitung auf die Werke, die in den jeweiligen Räumen zu sehen sind.
Ein Kunsterlebnis das gerade aufgrund seiner Reduktion und Inszenierung einen starken Eindruck hinterlässt.
Auf diese Weise auch aus unserer Sicht gelungener als die Präsentation der Kunst im Benesse House Museum, die den üblichen Kanon an Werken der besten zeitgenössischen Künstler darstellt: Von Gerhard Richter über Robert Long bis hin zu Zhang Xiaogang – herausragende Werke, aber im Mix nicht so spannend, wie die Konzentration auf wenige oder einen Künstler oder eine Künstlerin.
Natur nimmt den Spitzenplatz ein
Es ist die Natur der Insel, die Architektur und Kunst strahlend einbettet. Das milde Klima, gerne spricht man in Japan von der „japanischen Riviera“, verwöhnt eine üppige Vegetation und die Blicke auf das Meer in dem am Horizont wichtige Schiffahrtslinien liegen verwöhnen den Blick auf Schritt und Tritt.
Die Installationen im Außenbereich der Insel, wie die Pumpkin-Skulpturen der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama ziehen jeden Besucher mit Kamera magisch an. Viele andere, stillere Arbeiten sind in der Landschaft der Insel perfekt positioniert und oft ungestört zu bewundern.
Es lohnt sich, weiter zu fahren
Kleinere Boote fahren zu den Inseln Teshida und Inujima. Dort gibt es Site-spezifische Kunst zu erleben, wie beispielsweise das Yokoo House des Künstlers Tadanori Yokoo.
Dieser hat sich vom Werk „Die Toteninsel“ des Basler Malers Arnold Böcklin inspirieren lassen und in einem alten japanischen Haus ein Werk rund um den Tod und die Kunst, ein gutes Leben zu führen, geschaffen, das in faszinierender Weise durch dieses Haus, den Garten und einen Turm führt.
Das bekanntestes Werk auf der kleinen Insel Teshida ist das Werk der aus Hiroshima stammenden Künstlerin Rei Naito, das vom Architekten Raue Nishizawa grandios umgesetzt wurde.
In einer Ellipse aus Beton, die zur Decke hin eine weite Öffnung aufweist, ist im halbgeschützten Raum die Natur zu erleben . Über den Boden des Bauwerks rollen Wassertropfen. Ein Kunstwerk, das die Elemente der Natur spüren lässt und zur Reflexion einlädt.
Auf beiden kleineren Inseln gibt es noch viel mehr Kunst zu erleben. Eine Aufenthalt von drei bis vier Tagen erlaubt es, die meisten davon zu sehen und lässt auch eine Atempause zu, um das vom Künstler Shinro Ohtake gestaltete öffentliche Badehaus „I Love-Mi“ zu besuchen.
Ein Beispiel von vielen, bei denen die Kunst das lokale Leben unterstützt. Im öffentlichen Badehaus geniest der Hafenarbeiter der Fähre das heiße Wasser in der Mittagspause neben dem Kunstinteressierten, der sich dorthin wagt.
Kunst muss schwer sein
Da die Museen zeitgleich jeweils nur für eine relativ kleine Besucheranzahl zugänglich sind, ist es notwendig, Tickets für die Museen vorab Online zu reservieren.
Die Museen sind durch Shuttle-Busse verbunden. Da die meisten Besucher nur kurze Zeit auf der/den Kunstinseln verbringen und die Orientierung auf den Inseln nicht ganz leicht ist, schalten die bereits auf Effizienz getrimmten Mitarbeiter der Hotels nochmals einen höheren Gang ein.
Die Begleitung in das Zimmer gleicht einem Sprint und der Check-Out geschieht in Shinkansen-Geschwindigkeit. Die Mitarbeiter wissen nur zu genau, dass es eine fein abgestimmte Logistik braucht, die Kunst, die Architektur und die Natur vollumfänglich in kurzer Zeit würdigen zu können
Unser Fazit: Im Vergleich zu vielen anderen Orten der Kunst braucht Naoshima Island mehr Vorplanung und will mit Geduld entdeckt werden. Lohnt sich der Weg dorthin: GloriousMe meint: JA!
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