Rechteckig. Praktisch.Schön.
Die Fast unbemerkt ist sie wieder aktuell geworden. Die gute alte Postkarte macht die Botschaft im nicht-elektronischen Briefkasten wieder zu etwas Besonderem.
Albert Einstein NY an Esther Michanowska, Berlin
“… heute hier angekommen, von einer unübersehbaren Meute verfolgt … wir sitzen nun auf dem Schiff, unserem Zufluchtsort” schrieb Albert Einstein am Tag seiner Ankunft in New York, dem 12. Dezember 1930 an Esther Michanowska in Berlin.
Eine große Zahl an Journalisten und New Yorker Bürger wollten ihn sehen, bei seinem Zwischenstop mit der Belgenland, die er in Antwerpen bestiegen hatte, um nach Kalifornien zu reisen. Die Originalpostkarte, mit einem Motiv der New Yorker Skyline und Albert Einsteins Originalhandschrift wurde 2019 bei Sotheby’s für GBP 4,375 versteigert.
Labour of Love
Von den (gefühlt) 1000 Fotos von Freunden und Kollegen, die via Whats App aus dem Urlaub oder von sonstigen Reisen versandt wurden, ist keine Nachricht so in Erinnerung geblieben wie die Postkarte einer Freundin aus Bayreuth.
Zu den Bayreuther Festspielen in die kleine Stadt in Oberfranken gereist, hatte sie die Zeit gefunden, mir eine klassische Postkarte zu schreiben.
Sie hätte es sich leichter machen können und eine der Postkarten Apps nutzen können, die eigene Bilder zu Postkarte verarbeiten oder, wie die App MyPostcard, über 50.000 Motive zu Auswahl anbieten, mit dem Wunschtext versehen, frankieren und per Post an den gewünschten Adressaten senden lassen.
Aber der Reiz der Postkarte aus Bayreuth lag darin, dass jemand die Mühe gemacht hatte, die Postkarte selbst zu schreiben und auf dem klassischen Weg zu verschicken.
Jeder hat vermutlich schon einmal Postkarten gekauft, um sie dann doch im Koffer mit nach Hause zu nehmen, weil der Laden keine Briefmarken verkauft hat, zum Schreiben einfach keine Zeit blieb, die Suche nach dem Postamt zu mühsam war oder das Postamt geschlossen hatte. Daher weiß jeder zu schätzen, wenn ein Freund sich die Zeit für einen Postkartengruß nimmt.
Klassisch oder über eine App in Auftrag gegeben, im Jahr 2018 hat die Deutschen Post 155 Millionen Postkarten befördert, aus dem Ausland, in das Ausland oder innerhalb von Deutschland. Im Jahr 2020 feierte die Postkarte ihren 150. Geburtstag. Lange hatte man im Vorfeld der offiziellen Einführung darüber diskutiert, ob die Postkarte nicht ein Verstoß gegen die Vertraulichkeit sei.
Die Postkarte hat Stil verdient
Postkarten verbinden gekonnt Ästhetik mit praktischem Nutzen. Die meisten Museumsshops haben eine Auswahl an perfekten Postkarten, die weit weniger als der Katalog einer Ausstellung wiegen. Auf gutem Papier gedruckt sind sie dennoch so standfest, dass sich mit ihnen auf dem Fenstersims, auf dem Schreibtisch oder auf dem Nachttisch schnell ein stilvolles Ensemble gestalten und auch wieder auflösen lässt.
Der Reiz liegt darin, die unterschiedlichen Postkarten immer wieder neu zu arrangieren und auszutauschen. So lässt sich der Alltag leicht mit neuen visuellen Reizen bereichern. An eine Korkwand gepinnt sind sie zwar ständig präsent, werden aber gerade deshalb nach kurzer Zeit oft nicht mehr gesehen.
Ein außergewöhnlicher Rahmen lässt Postkarten zur Geltung kommen. Viele Postkartenmotive haben die Wertschätzung durch einen Rahmen verdient oder zumindest ein überlegtes Ensemble an der Wand.
Kostenlos und/oder Kunst
Viele Unternehmen oder Kultureinrichtungen wie beispielsweise das Schauspiel Frankfurt nutzen das Medium Postkarte sehr smart. Eine gut gestaltete Postkarte nimmt jeder gerne im Vorbeigehen mit, als Erinnerung oder um sie zu verschenken.
Von einigen Hotels, in denen man übernachtet hat, erhält man Postkarten mit dem Hinweis „We miss you“ und einem charakteristischen Blick aus dem Hotelfenster, den man noch bestens in Erinnerung hat und schon ist man dabei zu überlegen, ob man nicht doch mal wieder dorthin reisen möchte.
Berühmte Kunstwerke kann man in den Museumsshops zu einem Bruchteil der Kosten erhalten, die man für Originalwerke zahlen müsste. Eine Reihe von Künstlern wie Gilbert & George, David Shrigley, Rachel Whiteread oder Paul Lennon und Yoko Ono nutzen die Postkarten gerne als eigenständiges Medium für ihre Kunst.
Andy Warhol liebte die Möglichkeit, Postkarten seiner Arbeiten mit Originalunterschrift zu Premiumpreisen zu verkaufen. Grund genug für das British Museum den Postkarten 2019 eine eigene Ausstellung unter dem Titel „The World Exists To Be Put On A Postcard“ zu widmen.
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