Strategie zum Erfolg
Im kommenden Jahr wird der unabhängige Staat Singapur 60 Jahre alt. In dieser kurzen Zeit hat es sich von einem Land der ersten Welt zu einem der sichersten und reichsten Länder der Erde entwickelt. Was war der Schlüssel zum Erfolg?
Langweilig? Ja und Nein
13 Millionen Touristen haben Singapur im Jahr 2023 besucht. Die meisten bleiben nur wenige Tage im Rahmen eines Stop-Overs, bevor es weiter nach Australien, Neuseeland oder auf ein Kreuzfahrtschiff geht.
Bei der Überlegung, ob es ein Stop-Over in Singapur oder einer anderen Destination „auf halbem Weg“ mit großem internationalen Flughafen sein soll, hieß es oft „Sauber und sicher, aber etwas langweilig, ohne Lokalkolorit“.
Genau das ist der Erfolgsfaktor von Singapur. Innerhalb von 60 Jahren hat sich das Land aus einem kleinen Stadtstaat, der in weiten Teilen aus Slums bestand, in eines der attraktivsten Länder der Erde entwickelt.
Zu Recht stolz auf eine große Leistung
Auch GloriousMe war gerade wieder in der Stadt. Jeder Taxifahrer erzählte mit großem Stolz, woran Singapur gerade arbeitet und was in den letzten Jahren Neues entstanden war.
Es war überall zu sehen: Gepflegte Wohnanlagen über Kilometer hinweg, Bäume, Parkanlagen, Hochhäuser mit integrierten Gärten, perfekte Straßen, architektonische Highlights links und rechts, Jogger, die vor und nach Sonnenuntergang bedenkenlos am Fluss entlang laufen. Der dichte Verkehr schnurrt wie am Schnürchen: Kein Hupen, kein Drängeln, kein Parken in zweiter oder dritter Reihe.
All dies keine Selbstverständlichkeiten in einer asiatischen Metropole.
Der Start
Sir Stamford Bingley Raffles, englischer Offizier und für fünf Jahre auch Gouverneur im damaligen Niederländischen Ostindien, erkannte als einer der ersten die wichtige strategische Lage von Singapur an der Seestraße, die das Südchinesische Meer und den Indischen Ozean verbindet.
Es gelang ihm 1819 Singapur für die englische Krone zu beanspruchen. 1867 wird Singapur zur britischen Kronkolonie. 1963 verlies Singapur das britische Empire. Zunächst bildete Singapur mit dem Nachbar Malaysia eine Föderation. Als die Ideen über die Zukunft des Landes zu weit auseinandergingen, erklärte der damalige Premierminister Lee Kuan Yew im Jahr 1965 Singapur zum unabhängigen Staat.
Statue of Sir Thomas Stamford Raffles on North Boat Quay in Singapore © Alamy Stuck Foto
Singapur besitzt eine hervorragende strategische Lage. Aber wie wir aus der jüngsten Vergangenheit wissen, ist eine solche Lage, wie das ukrainische Odessa zeigt, leicht dem Besitzanspruch neidvoller, kriegerischer Nachbarn ausgesetzt.
Das junge Land besaß keine Rohstoffe in Form von Bodenschätzen, keine Erdöl- oder Erdgasvorkommen wie beispielsweise die Arabischen Emirate. Trinkwasser war und ist bis heute knapp, der Großteil der Bevölkerung, der sich im Wesentlichen aus Malayen und Chinesen zusammensetzte, lebte in Slums, der Bildungsstand war niedrig.
Heute gehört Singapur zu den wohlhabendsten Staaten der Erde. Das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohnen lang 2023 bei etwa 91.000 US-Dollar und damit etwa 40.000 Dollar höher als in Deutschland (bpb, Bundeszentrale für politische Bildung).
Strategie wird hier hochgehalten
Singapur ist ein Stadtstaat mit knapp 6 Millionen Einwohner. Spätestens hier atmen viele auf und meinen, nichts von der Entwicklung Singapurs lernen zu können, denn das kleine Land sei mit ihrem eigenen Land nicht vergleichbar. Sie machen es sich zu leicht. Denn auch in Singapur gilt: Von Nichts kommt Nichts.
Lee Kuan Yew, der langjährige Premierminister entwickelte eine Strategie für sein Land, in dem er einen Entwicklungspfad mit den jeweiligen Zielen aufzeigte. Den Weg dorthin hatte er gemeinsam mit dem niederländischen Wirtschaftsfachmann Albert Winsemius, einem Mitarbeiter der United Nations, entwickelt.
Die Strategie war kein Geheimdokument, sondern jedermann zugänglich. Es war klar abzusehen in welchen Bereichen die Wachstumsfelder für das Land gesehen wurden und wie die einzelnen Stufen aussehen sollten, dieses Wachstum zu erreichen. Das Erreichen der jeweiligen Zwischenziele durch die politisch Verantwortlichen war ebenso klar ablesbar.
Papier ist geduldig, mit autoritärem Führungsstil in einem demokratischen Land setzte Premierminister Lee Kuan Yew diesen Plan konsequent um. Er machte auch klar, was er nicht wollte:
- Keine Korruption
- Keine Kommunisten
- Kein Chaos
Die Administration seines Landes machte er durch hohe Löhne attraktiv, die malerischen alten Wohnviertel, in denen Malaria und Dengue-Fieber grassierte, lies er abreißen.
Er schaffte verlässliche Rahmenbedingungen für ausländische Investoren, investierte massiv in den Wohnungsbau und das Schulwesen. Die Schüler und Schülerinnen Singapurs stehen beim Ranking der Mathematikkenntnisse seit Jahrzehnten an der Spitze vieler Rankings.
Der verlässliche Rahmen und das kontinuierliche Werben um internationale Firmen zahlte sich aus. Sicherheit, Wirtschafts- und Zukunftsorientierung sowie ein attraktives Steuersystem zogen Unternehmen und fähige Mitarbeiter an.
Langweilig? Ja bitte
Expatriates, die in einem der benachbarten asiatischen Ländern einen anstrengenden Job erfüllen, sind froh, wenn ihre Familie im angenehmen Singapur leben können und pendeln gerne via Changi Airport.
Auch im Stadtstaat war nicht immer alles rosig. Niemand kann sich von den Entwicklungen des globalen Handels und weltpolitischen Themen abkoppeln. Strategieanpassungen waren notwendig — aber nie regierten Aktionismus oder Populismus.
Singapur blieb nie stehen. Wer wie wir die Stadt in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder besucht hat, konnte es miterleben und die phantastischen Gärten (Gardens by the Bay) sind nur ein Zeichen der Prosperität dieser Stadt, die auf Leistung beruht.
Wer aus einem Land kommt, in dem das Wort Strategie, insbesondere in der Politik, verpönt zu sein scheint, glaubt sich im falschen Film und hofft auf ein Happy End.
Die Statue von Sir Raffles in Singapur muss nicht durch einen Zaun geschützt werden. Das Raffles Hotel, 1887 von den armenischen Brüdern Sarkies eröffnet, strahlt nach einer großen Renovierung wieder. Es hat seinen Platz zwischen modernen Hotelbauten, die sich wie das Park Royal Pickering durch Eco Elegance profilieren, oder The Warehouse, einem modernen Designhotel in einem früheren Lagerhaus für Gewürze wie Muskat und andere Spezereien, die in der Vergangenheit dieses Teils von Asien eine so wichtige Rolle gespielt hatten.
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Titelbild: The super trees at the Gardens by the bay attraction in Singapore © Alamy Stock Foto