Wie aus Sekunden Jahre werden
Sich die Zeit zu nehmen, Danke zu sagen, ist der schönste Weg, eine Beziehung zu pflegen, die beiden Seiten viel bedeutet und oft viele Jahre Bestand hat
Ist es wirklich so schwer?
Als die Corona-Pandemie noch jung und völlig unberechenbar war, schien der Dank eine Renaissance zu erleben. Für Ärzte und Pflegende wurde auf Balkonen in vielen Ländern musiziert und geklatscht.
Corona ist noch immer nicht berechenbar. Die Kameras sind jedoch auf andere Brennpunkte gerichtet. Das Wort Danke hat sich verflüchtigt.
Im Großen
Die Ukraine kämpft für Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung, die wichtigsten Werten Europas. Sie lässt es sich nicht anmerken, dass sich für die Proteste auf dem Maidan, geschichtsträchtige Städte wie Odessa und dem seit 2014 im Osten der Ukraine herrschenden Krieg bis zum 24. Februar 2022 im Westen kaum jemand interessiert hat.
Der Wunsch der Ukraine, Teil der europäischen Wertegemeinschaft und der EU zu sein, ist ungebrochen und erinnert an die Regel, die man dem herrschenden Teil des englischen Königshauses zuschreibt „Never apologize. Never complain.“
Dass mit der Contenance irgendwann Schluss ist und man keine Zeit fand, den deutschen Bundespräsidenten zu empfangen, wenn man sich zeitgleich um das Überleben des eigenen Volkes und Landes kümmern muss, ist verständlich.
Danke scheint in diesem Fall das zu kleine Wort für die Geduld, die man der Naivität vieler westlicher Staaten entgegengebracht hat und der täglichen Anstrengung, den russischen Terror zu stoppen. Wir bedanken uns trotzdem, denn Schweigen wiegt in diesem Fall schwer.
Wie im Kleinen
Reisen erweitert den Horizont. Man betrachtet die ungewohnte Umgebung aufmerksamer und bemerkt dabei, wie eng der Horizont bei vielen Mitreisenden mittlerweile zu sein scheint: Ausschließlich auf die eigene Person konzentriert.
Die Mitarbeiterin am Check-In von Eurowings hat am frühen Morgen am Flughafen in Düsseldorf exakt 10 unbesetzte Check-In-Schalter rechts und links neben sich. Dafür warten etwa 300 nervöse Fluggäste, die alle rechtzeitig am Flughafen waren, in einer langen Schlange vor ihr. Viele blicken über Stunden mit panikerfüllten Augen auf sie und hören alle Eincheck-Vorgänge live mit.
Sie macht einen phantastischen Job, bleibt höflich und serviceorientiert. Außer uns hat ihr niemand dafür gedankt, dass er seinen oder ihren Flug gerade noch in letzter Sekunde erreicht hat.
Geduldig und gebetsmühlenartig, seit 2011
Auch bei den Mitarbeitern der Security, die schon einen Preis dafür verdient hätten, dass sie seit 2011 jeden Tag, jede Minute, die immer gleichen Ansagen machen müssen: „Inhalt der Hosentaschen entleeren, Laptop separat in die Box ….“ hält es niemand für notwendig, auch mal den Blick zu erheben, ihnen ins Gesicht zu sehen und sich möglicherweise bei ihnen zu bedanken.
Hektisch wird gekramt, geworfen, gehastet — nur schnell durch. Dabei hätte es nicht länger gedauert, mit einem Lächeln oder einem netten Satz ihnen dafür zu danken, dass sie ihr Bestes versuchen, den anschließenden Flug so sicher wie möglich zu machen.
Ein Orkan ist machtlos
Im hervorragenden Restaurant in Venedig stürmen die illustren Gäste durch die Eingangstür, völlig erbost, dass die Natur einen Sturm vorgesehen hat und sie ihren gebuchten Tisch im Außenbereich nicht einnehmen können.
Keiner schließt die Tür hinter sich obwohl der Wind so mit Orkanstärke durch das wunderbare Restaurant schießt.
Wohl dem, der Manieren und ein Lächeln besitzt.
Uns, die wir ebenso einen Tisch draußen mit Blick auf den Kanal gebucht hatten und ins Innere flüchten mussten, wird das Essen unvergesslich bleiben.
Obwohl die Hektik und der Stress zur Mittagszeit groß war, haben doch alle Kellner und der Inhaber fein differenziert und sehr wohl bemerkt, wer ihnen in dieser Situation das Leben noch schwerer gemacht hat und wer Geduld und Empathie ausstrahlte.
Der Lohn war der beste Tisch im Inneren des Restaurants und ein phantastisches Essen mit einer hervorragenden Weinempfehlung. Und auf ein anschließendes E-Mail mit einem Dank unsererseits, haben wir eine herzliche, nette Antwort erhalten.
Das lässt uns darauf schließen, dass unser Dankeschön für die außerordentliche venezianische Gastfreundschaft Seltenheitswert hat.
Prozess abgeschlossen. Kamera aus. Weiter, denn die Welt dreht sich nur um mich, scheint der Normalfall zu sein.
Champagner für den Koch
Online-Kommentare zu Restaurants findet man wie Sand am Meer. Ein persönliches Dankeschön an die Küchenbrigade hingegen, ist selten. Wir können nur empfehlen, wenn Sie begeistert waren, auch der Küche ein Dankeschön zukommen zu lassen.
Wir haben den Koch noch nicht kennengelernt, der keinen Champagner mag. Auch ein wohlformuliertes Lob an die Küchenbrigade zeigt Wertschätzung und perlt köstlich.
Networking oder Kindness ?
Karen Wickre, deren hervorragendes Buch „Taking the Work Out of Networking. An Introvert’s Guide to Making Connections that Count“ wir vor einiger Zeit hier besprochen hatte, beantwortet jede Anfrage mit der Bitte um Unterstützung oder versucht, einen Spezialisten zu empfehlen.
Erhält sie dafür jedoch kein Dankeschön oder eine Rückmeldung, war es das erste und letzte Mal. Kontakt gestrichen.
Gary Veynerchuk, in Belarus geboren und mit seinen Eltern in die USA ausgewandert, hat mit einem Video-Weinblog für den Weinladen seines Vaters in New Jersey begonnen und mit Vaynermedia mittlerweile ein großes Social-Media-Unternehmen aufgebaut hat. Er ist der gleichen Ansicht: Kindness always wins.
Wer das nicht verstanden hat, wird vergeblich der Schimäre des Netzwerkens hinterherlaufen und sich darin nur verstricken.
Die GloriousMe Vorsätze zum 1. Mai
Warum sollte man sich Vorsätze nur am Jahresende vornehmen. Der Beginn des Monats Mai ist ein hervorragender Zeitpunkt, Vorsätze zu formulieren und im optimistischen Frühlingsmonat mit der Umsetzung zu beginnen.
Der GloriousMe Vorsatz: Mehr Zeit für alle, die das Wort Danke aussprechen können. Es langt in den meisten Fällen eine kurze E-Mail, die nur wenige Sekunden Zeit kostet.
Es sei denn, sie beginnt mit „Liebe Freunde, ich bedanke mich herzlich für all die guten Wünsche, die ihr mir anläßlich …“. Da hilft auch der verborgene Massenverteiler nicht mehr. Chance vertan.
Keine Zeit mehr für alle, die das Wort Danke nicht beherrschen. Nein zu sagen, tut gut, auch der eigenen Seele und der eigenen Karriere.
Das erlaubt uns zudem mehr Zeit in ein stilvolles Dankeschön zu investieren.
Vielen Dank
Vielen Dank möchte das GloriousMe Team Ihnen liebe Leserinnen und Leser sagen. Viele begleiten uns schon seit der Gründung von GloriousMe. Ihre Treue, Ihre Begeisterung und Ihr Feedback zu unseren Artikeln ist ein wunderbares Dankeschön für uns. VIELEN DANK.
Für alle, die uns im Mai diesen Jahres ein Feedback zu GloriousMe zukommen lassen, bedanken wir uns mit einem Set Karten „happy landings„.
Die Karten passen zu vielen Gelegenheit: Jemand fängt einen neuen Job an, zieht in eine neue Wohnung ein, startet ein neues Hobby oder eröffnet ein neues Geschäft. Eine Geste der Aufmerksamkeit, die wohltut. Stil ist nie aus der Mode.
Die kleine Güte könnte viel ausrichten
Die russische Schriftstellerin Olga Martynova zitiert in ihrem lesenswerten Interview mit der Neuen Züricher Zeitung auf die Frage, wer sich in Russland gegen Putin wenden könnte, den russischen Schriftsteller Wassili Grossmann mit „der kleinen Güte, der es nicht gelingt, das Böse zu besiegen, die aber auch nicht vom Bösen dem Vergessen übergeben und besiegt werden kann“.
Fotografie © GloriousMe