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SCHOTTLAND – AM BESTEN IN DER NEBENSAISON

SCHOTTLAND – AM BESTEN IN DER NEBENSAISON

 

 

OUTER HEBRIDES: GRANDIOSE LANDSCHAFTEN UND STURM

„Ist das nicht etwas karg“ so die besorgte Nachfrage von Freunden, die hörten, dass wir Ende Januar auf die Äußeren Hebriden reisen wollten. Wir haben phantastische Landschaften erlebt; karg empfanden wir sie keineswegs. 

Rauhe Schönheit

Der schottische Akzent ist schwierig zu verstehen. Für die meisten von uns, die vom Schulunterricht, den Reisen nach England oder in den Berichten der BBC das Queen’s English gewohnt sind, kann eine Konversation im schottischen Pub schwierig bis völlig unverständlich werden. 

Entstanden ist der schottische Akzent aus einer Mischung der Gälischen Sprache, der ehemaligen Sprache Scots und dem Standard Englisch. 

Die schottische Herzlichkeit, Höflichkeit und das Interesse an Fremden machen die anfänglichen Schwierigkeiten in der Konversation jedoch mehr als wett. Nicht ohne Grund gilt Sean Connery in seiner Rolle als James Bond als der Gentleman Agent seiner Majestät.

Nebensaison

Die Offenheit und das Interesse der Schotten kann auch an der Nebensaison liegen. In der Zeit von November bis Ende März trifft man nur auf wenige Touristen in Schottland. Zahlreiche Hotels und Restaurants haben in dieser Zeit geschlossen; einige wenige sind geöffnet, das Angebot somit ausreichend und das Essen meist köstlich.

In der Hauptsaison machen die vielen Wohnmobile das Fahren auf den romantischen einspurigen Straßen nervenaufreibend. Kontinuierlich muss man sich mit einem entgegenkommenden Fahrzeug abstimmen, wer den Ausweichplatz (passing place) links neben der Fahrbahn aufsucht.

In der Nebensaison sind die Begegnungen auf den romantischen Straßen durch beeindruckende Landschaften unproblematisch und werden zu dieser Zeit verlässlich mit einer freundlichen Handbewegung und einem Lächeln quittiert.

Edinburgh und Harris, die ideale Kombination

Schottland hat nahezu überall phantastische Landschaften, gute Restaurants und schöne Hotels zu bieten. Unser Tipp für die Nebensaison ist die Kombination von Edinburgh und den Äußeren Hebriden.

Bei einer Stadt wie Edinburgh spielt das Wetter kaum eine Rolle. Besucht man die Stadt, in der ein Festival nach dem anderen stattfindet, in der Nebensaison, muss man den Charme der Stadt nicht mit vielen anderen teilen. Das wirkt sich auf die Buchung von guten Hotels und beliebten Restaurants sehr entspannend aus.

Nicht verpassen sollte man in Edinburgh den Besuch der Royal Yacht Britannia. Am 22. November 1997 fand die letzte Fahrt der Yacht Britannia ein. Der englische Staat wollte für die Kosten der repräsentativen Segelyacht, mit der die königliche Familie auf hoher See reiste, nicht mehr aufkommen.

Im Hafen von Portsmouth gingen die late Queen Elizabeth II und Prince Philip von Bord dieses Schiffes, mit dem sie viele Staatsbesuche im Commonwealth und jeweils im Herbst die entspannte jährliche Familienfahrt zu den westlichen Inseln Schottlands unternommen hatten.

Beim Rundgang über das Schiff, ausgestattet mit einem exzellenten Audio-Guide, kann man den Atem des ehemaligen Empires spüren und einen Einblick in das Leben der königlichen Familie gewinnen, bis hin zum Maldon Salz, das in der Speisekammer der königlichen Yacht zu sehen ist. 

Gegenüber so manchem Sternehotel wirkt die Einrichtung der Royal Yacht Britannia angenehm schlicht, in Teilen fast spartanisch, bedenkt man, dass das Schiff jeden Tag für einige Stunden auch der Arbeitsplatz der Königin von England war, deren Post jeweils mit dem Helikopter angeliefert wurde.

Den ersten Interior-Vorschlag der Yacht hatte die Queen verworfen, er erschien ihr zu luxuriös. Sie bevorzugte in den privateren Räumen die Gemütlichkeit eines englischen Landhauses kombiniert mit Schiffsmöbeln, die Prince Philip persönlich in Hongkong ausgesucht hatte.

Der Rundgang über das Schiff ist hochinteressant und man geniest die royale Yacht in der Nebensaison fast für sich alleine. So kann man vom Inhalt der Bar, den Räume für die Staatsbankette bis hin zu den Anordnungen der Queen an den schiffsführenden Admiral in Ruhe studieren und danach im Teesalon der Yacht hervorragenden Tee und Kuchen mit bester Aussicht auf die schottischen Gewässer geniessen.

Schottland versus England

Um das Verhältnis von Schottland und England zu verstehen, lohnt sich ein Besuch der Scottish National Portrait Gallery im Zentrum von Edinburgh. Das neo-gotische Gebäude aus rotem Backstein ist selbst schon sehenswert. Die historisch anmutende Grand Hall wird stets mit modernen Kunstinstallationen kontrastiert. 

Den Rundgang beginnt man am besten im obersten Stockwerk, in dem man anhand hervorragender Gemälde viel über die blutigen Auseinandersetzungen zwischen England und Schottland erfährt. Man lernt einiges über Verrat, Adel, Ambitionen und die Rolle Frankreichs im jahrhundertelangen Kampf von England und Schottland. Man kann im Anschluss nachvollziehen, dass die (meist vermögenden) Engländer, die sich architektonisch anspruchsvolle Ferienhäuser an den schönsten Stellen Schottlands bauen, von den Schotten selbst „White Settlers“ genannt werden.

Nach der Geschichte Schottlands findet man in den unteren Stockwerken Ausstellungen moderner Fotoportraits, die ein gleichermaßen faszinierendes Bild der Schotten von heute zeichnen.

Sehnsuchtsort Outer Hebrides

Die Inseln der Äußeren Hebriden, im Westen Schottlands, am Atlantik gelegen, sind für viele Menschen ein Sehnsuchtsort. 

Manche denken an den alten Hollywood Film Local Heroes, in dem ein US Ölunternehmen einen idyllischen schottischen Ort am Meer kaufen möchte, um dort eine Raffinerie zu errichten. Déjà-vu? Wer Mode mag, denkt hingegen sofort Harris Tweed.

Die meisten fasziniert die abgeschiedene Lage am Atlantik. Egal welcher Grund Sie fasziniert: Warten Sie nicht länger und besuchen Sie die Äußeren Hebriden in der Nebensaison.

Siehe auch
Palermo ist eine Reise wert. Kunst, Kultur und hervorragendes Essen von Morgens bis Abends.

In den Monaten November bis März hat man die schönsten Strände, die man sich vorstellen kann für sich alleine und trifft fast nur auf Schotten, die im hundefreundlichen Land den Gang mit den Vierbeinern am Strand genießen.

Walk or View

Für die traumhaften Wanderwege auf der Insel Harri sollten man folgenden Rat einhalten: Walk or View, but never at the same time. Die Ausblicke auf Berge, Täler, Glens, verlassene Ruinen, Hochmoore und kleine tief dunkle Seen ist auf Schritt und Tritt so faszinierend, so dass man bewusst stehenbleiben sollte, um sie zu genießen Staunen und gleichzeitig zu gehen, ist auf den gut instand gehaltenen aber anspruchsvollen, steinigen Wegen keine gute Idee.

Die Geschichte spürt man auf Harris und Lewis, den beiden verbundenen Inseln auf Schritt und Tritt, wenn man etwas tiefer schürfen möchte. Das Wetter ist in Schottland immer wechselhaft. In der Nebensaison kann man alles an einem Tag erleben: Heftigen Regen, orkanartig tosenden Wind und strahlenden Sonnenschein. Aber dafür gibt es ja den Macintosh, Harris Tweed Jackets, Wollpullover und gutes Schuhwerk. Am Abend hat man sich den Wee Drum of Whisky tatsächlich verdient. Am Morgen grüßen dafür die Berge der Insel oft mit schneebedeckten Gipfeln.

Die Outer Hebrides sind ein ganz besonderer Teil Europas bevor es über den Atlantik in die Vereinigten Staaten von Amerika geht. War man dort, möchte man immer wieder dorthin. Auf den einsamen Wanderungen haben wir eine US-Amerikanerin getroffen, die vor vielen Jahren auf der Suche nach ihren Ahnen nach Harris kam. Seitdem verbringt sie jedes Jahr drei Monate auf der Insel: Von Dezember bis März. Denn in dieser Zeit kann man die Magie der Outer Hebrides am intensivsten erleben.

Man bekommt einen Eindruck, warum viele Schotten nach Australien, in die USA oder nach Kanada (Nova Scotia) ausgewandert sind oder auswandern mussten, da Großgrundbesitzer der Meinung waren, das Land sei besser durch Schafzucht oder Jagdgebiete als durch Kleinbauern zu nutzen.

Bis heute weiß jeder und jede hier, dass es nur gemeinsam geht. Die Hilfsbereitschaft und gegenseitige Unterstützung ist groß. Idyllisch ist nur die Landschaft.

Der lange und der kurze Weg

Direktflüge nach Edinburgh gibt es von vielen Destinationen aus. Nach einigen Tagen in der schottischen Hauptstadt kann man ‚Stornaway‘ den Flughafen der Insel Lewis mit der schottischen Airline Logonair anfliegen oder die lange Anreise wählen: Mit dem Zug von Edinburgh nach Glasgow , über die berühmte Harry Potter Brücke nach Mallaig. Die Fähre setzt von dort nach Armadale über. Der Bus führt nach Portree und weiter nach Uig. Dort setzt die Fähre nach Tarbert über. Eine Reise für Romantiker durch traumhafte Landschaften.

Fotografien © GloriousMe 2025

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