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AUSSERHALB DER SAISON: APULIEN

AUSSERHALB DER SAISON: APULIEN

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Im Frühling oder Herbst in Italiens Stiefelabsatz

NACH APULIEN REIST MAN AM BESTEN MIT LEICHTEM GEPÄCK. SO BLEIBT GENÜGEND PLATZ FÜR DIE KULINARISCHE KÖSTLICHKEITEN AUS DEM SÜDEN ITALIENS, UM DEN GENUSS NOCH EIN WENIG ÜBER DEN URLAUB HINAUS ZU VERLÄNGERN.

Apulien ist rauh

Insbesondere dann, wenn die Frühjahrs- und Herbstwinde über das Land fegen. Ja, es gibt sanfte Hügel und schöne Küsten — romantische Bilderbuchlandschaften, wie sie auf Schritt und Tritt in der Toskana zu finden sind, sollten Sie hier nicht erwarten. Dafür hat sich Apulien noch viel von seiner Ursprünglichkeit bewahrt. Entspanntes Dasein statt angestrengtem Disneyland.

Smart paart man in Apulien hervorragende Küche, die auf einem tiefen Verständnis für die Qualität von regionalen Lebensmitteln basiert, mit Historie und moderner Kunst.

Nicht überall in Italien wird man in der unpretentiösen Pizzeria gefragt, aus welchen der drei Urgetreidesorten man den Pizzateig den gerne hätte.

Nebensaison für Individualisten

Eine Woche ist ein guter Zeitraum, um einen ersten Einblick in diesen Teil Italiens zu erhalten. Im Sommer ist Apulien ein beliebtes Urlaubsziel und gut besucht. In der Nebensaison hingegen genießen nur wenige Individualisten die nahezu leeren Strände. Die berühmten italienischen Strandklubs öffnen gerade oder haben sich schon in die Winterruhe verabschiedet und nur vereinzelt findet man noch einige Strandliegen.

Dafür hat man unendlich viel Platz und Ruhe, sich in ein Buch, Lieder von Johnny Cash oder Opernarien zu vertiefen. Die wenigen Strandspaziergänger nicken einem wissend-freundlich zu und geben damit zu erkennen, dass auch sie das Meer und den bisweilen starken Wind außerhalb des Sommers genießen und turbulentes Strandleben nicht vermissen.

Pesce Crudo

Nach der Ankunft am Flughafen in Bari bietet sich als erster Zwischenstopp das etwa 60 km entfernte Savelletri an. Das Auge kann in diesem kleinen Hafenort sofort in maritimen Bildern schwelgen.

Dem Gaumen steht in der Pescheria2Mari, Piazza Amati 1, höchster Genuss an rohem Fisch bevor. Der kleine Glaskubus des Restaurants verrät mit seiner transparenten modernen Architektur Qualität und die Reduktion auf das Wesentliche: Roher Fisch in exzellenter Qualität. Nussig und leicht zitronig schmeckende frische Austern, Sashimi und Tartar von unterschiedlichsten Fischen, Königskrabben und Lobster stehen auch auf der Karte.

Und während man im Sommer mit Charme, Beziehungen oder Durchhaltevermögen um einen der heiß begehrten Tische kämpfen muss, schenkt in der Nebensaison der Chef persönlich einen würzigen Weißwein aus der Region ein, der hervorragend zum rohen Fisch passt. Der rohe Fisch spielt hier eindeutig die Hauptrolle. Daher werden dazu nur hauchdünne Scheiben von geröstetem Brot gereicht. Mehr ist auch nicht notwendig.

Bestens gestärkt kann man am Nachmittag noch gemütlich die Fahrt in das Salento schaffen, um sich dort in einer der gepflegten Masserien, umgebauten ehemaligen Landgütern, die damit jedoch meist nur noch den Namen gemein haben, für entspannte Tage einzumieten.

Von dort aus kann man in kurzer Entfernung den Sandstrand, aber auch historische Städte wie Lecce oder Gallipoli zu genießen. Wer Ruhe sucht und mit dem Auto mobil ist, wird die Masseria Don Cirillo genießen. DIe kleine Masseria bietet ein hervorragendes Frühstück, einen gepflegten Garten und hervorragende Tipps, wo man in der Umgebung ausgezeichnet essen kann.

Un caffè

In der Zwischensaison sind weit weniger Touristen im Vergleich zur Hauptsaison in den Straßen von Lecce zu finden. Die faszinierenden Barockfassaden des Doms, der Kirchen, der vielen Paläste, Verwaltungen und Bürgerhäuser ziehen die Blicke stets Richtung Himmel, der an vielen Tagen in tiefem royalen Blau erscheint.

Lecce wirkt unaufgeregt und elegant. Man findet gepflegte Kaffeehäuser, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint und der Barrista die Vorlieben jedes Stammgastes kennt. Sobald ein Stammgast das Cafe betritt, beginnt er schon, den Kaffee in der präferierten Form zuzubereiten. Stark und aromatisch ist er immer.

Die Hafenstadt Gallipoli hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Beim Gang entlang der Stadtmauer rund um die Altstadt, stets mit Blick auf das Ionische Meer, ahnt man, wie wehrhaft diese Stadt war, die dennoch immer wieder von fremden Heerscharen eingenommen wurde.

Eindrucksvoll erzählen davon die Mauern der Festung, die heute für Kunstausstellungen genutzt werden. Behutsam restaurierte historische Gemäuer kombiniert mit Kunst. Eine ausgezeichnete Kombination, die man in vielen Orten Apuliens trifft. In der Nebensaison hat man die Räume fast für sich alleine und kann ihrem Geist und ihrer Geschichte mit Ruhe und Muße nachspüren.

Pasta Benedetto Cavalieri 

Hervorragende Lebensmittel gibt es hier überall. Die Lieblingspasta von GloriousMe, Pasta Benedetto Cavalierie, wird in der Antico Pastificio Benedetto Cavalieri in Maglie hergestellt und verkauft.

Für die Pastafabrikation wird ausschließlich regionaler Hartweizen verwendet, der im Vergleich zum weit verwendeten kanadischen Hartweizen weniger Farbe, aber auch weniger Gluten enthält.

Der Pastateig wird durch bronzene Formen gepresst und bei niedrigen Temperaturen bis zu 44 Stunden getrocknet. Die Pasta sieht im Vergleich zu vielen anderen Pastamarken relativ hell aus. Ihre Oberfläche ist leicht rauh und ist so gut geeignet sich mit der Sauce zu verbinden. Bleibt Pasta übrig, schmeckt sie aber auch kalt und ohne jede weitere Zutat so gut, dass die Reste meist auf schnellstem Wege verschwinden.

Siehe auch
Palermo ist eine Reise wert. Kunst, Kultur und hervorragendes Essen von Morgens bis Abends.

Der Fabrikladen ist ein Paradies für Liebhaber dieser Pasta, die außerhalb von Italien oft nur in Delikatessenläden erhältlich ist. Aber Achtung, beim Fabrikverkauf  wird , wie fast überall in Apulien, noch die klassische lange Mittagspause eingehalten.

Gourmet-Genuss in einer ehemaligen Apotheke

Eine Reise in das kleine Städtchen Ruffano ist die Farmacia dei Sani in jedem Fall wert. Allerdings sollte man die Reise zu dieser Osteria auch in der Nebensaison nur mit einer Tischreservierung antreten. Im dunklen Gewölbe wird italienische Küche innovativ interpretiert, ohne die traditionellen Wurzeln zu verlassen.

Küche und Weinkeller sind wohltuend mehr Sein als Schein und die Empfehlungen der apulischen Weine sollte man auf jeden Fall bejahen. Die Gäste parlieren meist auf Italienisch. Junge Familien aus dem Ort, Senioren im Sonntagsstaat, junge Pärchen und essbegeisterte Touristen genießen diesen Ort gleichermaßen in unaufgeregter, legerer Harmonie.

Die einzige Stadt möchte man nicht mehr verlassen

Mono polis, die einzige Stadt, nannten die Griechen das kleine Städtchen Monopoli, deren Hafenanlage in der Vergangenheit eine wichtige strategische Bedeutung hatte. Auch heute trifft der Name zu, denn man könnte von dort aus leicht die Touristenattraktionen wie Ostuni und Truli-Dörfer im Landesinneren besuchen, türkisfarbene Grotten mit kleinen Schiffen befahren oder durch Naturparks wandern.

Es fällt schwer, das attraktive Monopoli zu verlassen. Es ist auch nicht notwendig, denn jeder Spaziergang durch die Altstadt bietet neue Blicke auf Gebäude, die am Abend mit einer gekonnten Lichtdramaturgie den Atem stocken lassen.

Der Fischerhafen ist malerisch und in einem Teil davon kommen tatsächlich noch Fischerboote an Land, bei denen man den Fang direkt am Uferquai kaufen kann.

Die Restaurants, wie die Locanda sul Porto gleich in der Nähe des Hafens bieten hervorragende Qualität und in der alten Festung und im Palazzo Palmieri sind spannende Ausstellung zeitgenössischer Kunst zu sehen.

Bucht man eines der Hotels, die sich in der Stadtmauer oft über mehrere Ebenen erstrecken, hat man zudem den Vorteil, Abends auf der Dachterrasse den Blick über das Meer zu genießen. Auf dem Tisch köstliche Oliven, in der Hand ein Glas hervorragenden Rotweins.

Mehr Italien geht nicht. Es sei denn, Sie haben in der Vorsaison oder im Herbst eher Lust auf eine größere Stadt in Italien, dann lautet unser Tipp für die Nebensaison: Palermo.

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