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GENDER NEUTRALE ANSPRACHE

GENDER NEUTRALE ANSPRACHE

DIE KORREKTE ANSPRACHE FÜR ALLE GESCHLECHTER

Neutralität ist (fast) immer der beste Weg

 

Es wäre doch schade, wenn Ihre nächste Rede anlässlich eines Geburtstages oder einer Hochzeit und nicht überall ankommt und Ihre geschäftlichen E-Mails harsch oder garnicht beantwortet würden.

 

Die diskriminierungsfreie Anrede von Intersexuellen beruht in einigen Ländern bereits seit Jahren auf einer gesetzlichen Grundlage. Nahezu jede größere Organisation sieht mittlerweile entsprechende Sprachregelungen vor, die Personen nicht diskriminieren, die sich weder als Mann oder als Frau einordnen sondern als drittes Geschlecht angesprochen werden möchten.

Die Regelungen sind vielfältig, sei es der Hinweis, dass in Texten mit Worten wie Mitarbeiter alle Geschlechter gemeint sind, die Verwendung des Gender-Sternchens (Mitarbeiter*innen), das Binnen-I (BürgerInnen), der sogenannten statische Unterstrich (Journalist_innen) auch Gender Gap genannt oder die in Personalanzeigen verwendeten Kürzel m (männlich), w (weiblich) und d (divers).

Darüber hinaus gibt es vielfältige weitere Varianten, die insbesondere in einigen Universitäten intensiv diskutiert werden und die über die vorab genannten vier gängigsten Varianten weit hinausgehen.

Für alle, die nicht im universitären Bereich arbeiten, hier einige pragmatische Tipps für Ansprache und Adressierung, die Sensitivität zeigen, ohne unelegant zu wirken, damit der Inhalt Ihrer Botschaften ankommt und nicht an der Form scheitert.

Die Adressierung im Brief

Auf die Bezeichnung Herr oder Frau verzichten:

Maximiliane Mustermann 

Musterstrasse 5

60313 Frankfurt am Main

Die Ansprache im Brief/E-Mail

Der neutrale Weg, ohne Herr oder Frau, ist auch hier empfehlenswert:

„Guten Tag, Maximiliane Mustermann“

Die Formulierungen Sehr geehrte oder Liebe können Sie alternativ auch mit Gendersternchen oder Gendergap (Vom englischen gap = Leerstelle) verwenden:

„Sehr geehrt*r Maximiliane Mustermann“ oder „Lieb_r Maximiliane Mustermann“

Den Namen einer Person im Text verwenden

Auch hier ist die eleganteste Lösung, auf Herr oder Frau zu verzichten und stattdessen neutral zu formulieren:

„Maximiliane Mustermann steht Ihnen im Anschluss an den Vortrag für Fragen zur Verfügung“

Eine Gruppe von Personen ansprechen

Die neutrale, nchtdiskriminierende Ansprache lautet:

„Liebes Team“

„Liebes Publikum“

„Liebes Kollegium“

Alternativ kann man in der Ansprache das Partizip Präsens verwenden, das viele Sprachwissenschaftler jedoch kritisch sehen:

„Liebe Mitarbeitende“

„Liebe Studierende“

„Liebe Teilnehmende“

„Liebe Anwesende“

„Liebe Alle“ klingt nur in der englischen Version „Dear all“ gut und die Anrede „Liebe Menschen“ wirkt aus unserer Sicht nicht sonderlich inspirierend. Die Verwendung des Plurals und die Ansprache über das Thema oder das gemeinsame Interesse helfen immer weiter:

„Liebe Freunde der Oper“

„Liebe Verwandte und Freunde von Maximilian und Xaver“

Ist es keine formelle Rede, bei der die Etikette vorsieht, dass alle Ehrengäste und sonstigen Anwesenden mit jeweils korrekter Ansprache und/oder ihren Namen in der richtigen Reihenfolge genannt werden müssen, hilft es, auf eine konkrete Nennung der angesprochenen Personen bei der Ansprache komplett zu verzichten und direkt mit einem persönlichen Statement einzusteigen.

„Sie haben uns zahlreiche Fragen zur aktuellen Prognose gestellt, die ich Ihnen heute gerne beantworten möchte…“

„Ich freue mich an diesem strahlenden Herbsttag in Ihre ebenso strahlenden Gesichter zu blicken. Gerne möchte ich einige persönliche Worte an Max richten.“

Im Zweifel nach dem gewünschten Pronomen fragen

Bei einer längeren Rede über eine Person, beispielsweise im Rahmen einer Laudatio, kann es schwierig werden, nur mit geschlechtsneutralen Formulierungen auszukommen. Hier ist es sinnvoller, nachzufragen, mit welchem Pronomen sich die Person identifiziert.

Auch bei der Adressierung eines wichtigen Briefes an eine Person kann es sinnvoll sein, zuvor nachzufragen. Möglicherweise kommt als Antwort, dass die Anrede Enby gewünscht ist. Abgeleitet vom englischen Non-Binary lautet die korrekte Ansprache in diesem Fall:

„Sehr geehrtes Enby Maximiliane Mustermann“

„Liebes Enby Maximiliane Mustermann“

Die Unternehmenssprache ist Englisch

Ist die Unternehmenssprache Englisch, ist es dank der englischen Sprache ein wenig einfacher. Die geschlechtsneutrale Ansprache im Brief oder E-Mail lautet:

„Dear Maximiliane Mustermann“

alternativ:

„Hello, Maximiliane Mustermann“

alternativ

„Dear Colleague“

Siehe auch
French Exit ist ein wichtiger Begriff der Etikette um ein Fest frühzeitig und dennoch höflich zu verlassen.

Bei Gruppenansprachen empfiehlt sich:

„Dear all“

„Dear colleagues“

„Dear team“

Bei einer etwas formelleren Ansprache von Gruppen können folgende Formulierungen weiterhelfen:

„Esteemed Guests“

„Gentlepeople“

Wenn der Name des Ansprechpartners nicht bekannt ist

Das altbekannte „Dear Madam, Dear Sir,“ das immer dann funktioniert hat, wenn man keinen konkreten Ansprechpartner benennen konnte, wird idealerweise durch die Funktion ersetzt:

„Dear Customer Service Manager“

oder man wählt

„To whom it may concern“

Substantive, die das Wort „man“ oder eine anderweitig geschlechtsspezifische Bezeichnung enthalten, sollten vermieden werden:

police officer         statt        police man

humanity               statt       mankind

property owner     statt       landlord

staffing                 statt       manpower

Noch hilft der Duden nicht weiter

Die Instanz für die Weiterentwicklung der deutschen Sprache, der Rat für deutsche Rechtschreibung, dessen Empfehlungen auch der Duden folgen würde, hat nach intensiver Diskussion hierzu noch keine Entscheidung gefällt, wie weitreichend bislang gängige Sprachformulierungen geändert werden sollen. Der Rat möchte zunächst die weitere Entwicklung beobachten, bevor Grundsatzentscheidung hierzu verabschiedet werden.

Sprachwissenschaftler argumentieren, dass mit dem sogenannten generischen Maskulinum die Wortendung eines Substantivs zwar männlich ist (beispielsweise Bäcker) damit aber kein Geschlecht bezeichnet wird. 

Der Bäcker bezeichnet streng grammatikalisch eine Person, die bäckt, es sind also weder Männer oder Frauen gemeint. Damit gäbe es in der deutschen Sprache bereits die perfekte Möglichkeit, sich diskriminierungsfrei auszudrücken.

Zu viel des Guten

Als ein Reiseunternehmen, das mich seit vielen Jahren bestens kennt, begann, mich im aktuellen Brief mit Liebe (r) Karin Klossek zu adressieren, empfand ich das, als zu viel des Guten. Aus Individualität wurde plötzlich Neutralität. Daher empfiehlt es sich, bei Personen, die Sie sehr gut kennen, die bisherige Addressierung beizubehalten. 

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