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RECYCLED PLASTIC MODE FÜR EIN GUTES GEWISSEN

RECYCLED PLASTIC MODE FÜR EIN GUTES GEWISSEN

Kleidung aus recycelten Plastikflaschen – klingt gut

 

Turnschuhe, Badeanzüge oder phantastische Abendkleider – hergestellt aus Plastikflaschen, die achtlos am Strand oder im Meer weggeworfen wurden

Ellen McArthur ist schnell unterwegs

Mit 24 Jahren gewann Ellen McArthur die berühmte Einhand-Segelregatta Vendée Globe. Sie war die schnellste Teilnehmerin, die nonstop, um die Welt segelte.

Es blieb nicht der einzige Preis für die Seglerin aus England. Die Segelregatta Route du Rhum, von Frankreich in die Karibik, gewann sie gleich zweimal.

Oft über Monate allein auf dem Meer, wurde ihr die Abhängigkeit von begrenzten Ressourcen und der Kreislauf des gesamten Ökosystems der Erde bewusst.

Nach ihrem Abschied vom professionellen Segelsport gründete sie 2009 die Ellen McArthur Foundation, deren Ziel es ist, die Kreislaufwirtschaft zu fördern.

Im Idealfall der Kreislaufwirtschaft würden keine oder nur erheblich weniger der endlichen Vorräte natürlicher Rohstoffe eingesetzt werden, um Dinge zu produzieren. Verbrauchte Materialien sollen möglichst wieder in den Kreislauf der Produktion zurückgeführt werden.

Ellen McArthur beweist auch hier Schnelligkeit und Zähigkeit. Ihre Stiftung hat weltweit einen hervorragenden Ruf und arbeitet mit wichtigen Unternehmen und Forschungsinstituten zusammen, um dem Idealziel der Kreislaufwirtschaft beharrlich näher zu kommen. 

In diesem TED Talk: „The surprising thing I learned sailing solo around the world“ können Sie sich einen persönlichen Eindruck von Dame Ellen MacArthur machen.

Die Bilder von Plastikabfall im Meer schmerzen

Auch wenn man nicht über die Weltmeere segelt und im arktischen Meer eindrücklich erlebt, wie vernetzt das Ökosystem der Welt ist — die Bilder von Plastikabfällen im Meer schmerzen uns alle.

Da fühlt es sich gut an, Sneaker zu kaufen, dessen Gewebe aus Plastikflaschen stammt, das aus dem Meer gefischt oder am Strand aufgesammelt wurde.

Und wenn der Designer Tomo Koizumi ätherisch-elegante Kleiderkreationen entwirft, deren Organza ebenfalls aus den Fäden recycelter Plastikflaschen besteht, scheint die Welt ein kleines Stück weit in Ordnung und dazu noch umwerfend schön zu sein.

Allen Japan-Fans empfehlen wir, einen Blick auf seine Fashion Show der Kollektion Winter 2021-2022 zu werfen, die nachts im perfekten Spiel von Licht und Schatten in den Gärten von Nijo Caste in Kyoto präsentiert wurde. Ein märchenhaft ästhetischer Augenschmaus.

Die japanische Sängerin Misia, trug ein Kleid des Designers während ihrer Darbietung bei der Eröffnung der Olympischen Spiele 2021 in Tokio.

Zu schön, um wahr zu sein

Aber das Märchen, aus Plastikabfällen ein neues schönes Kleid für Cinderella zu schneidern hat leider (noch) kein Happy End. Das sogenannte chemische Recycling von Plastik, das hierfür eingesetzt werden muss, erfordert einen sehr hohen Energieaufwand und die Zugabe von fossilen Brennstoffen.

An einer Optimierung des Verfahrens von chemischen Recycling wird intensiv gearbeitet, da es es für viele Kunststoffabfälle, wie beispielsweise die Entsorgung der Rotorenblätter von Windkrafträdern, dringend erforderlich ist.

Auch wenn man es fast schon als „gutes Werk“ empfindet, den Turnschuh zu kaufen, dessen Kunststofffasern aus ehemaligen Plastikabfällen — wirklich sinnvoll für die Umwelt ist es auf Basis der aktuellen Verfahren (noch) nicht.

Wenn Sie einen solchen Schuh im Auge haben, dann lohnt es sich, darauf zu achten, dass die Sohlen der Sneaker aus organischem Material gefertigt sind, denn beim Laufen werden durch den Abrieb der Sohlen auf dem Asphalt weitere Plastikpartikel in die Umwelt freigesetzt.

„Around and round you’re turning me …“

Diana Ross hat den besseren Weg schon aufgezeigt: Es ist die Kreislaufwirtschaft, die Segellegende Ellen McArthur und ihre Stiftung mit Verve vorantreiben.

Ein gutes Beispiel ist ein Kleidungsstück, das wohl jeder von uns im Schrank hat: Die Blue Jeans.

Im Vergleich zu einem Kleid aus Polyester auf den ersten Blick ein Kleidungsstück, das einigermaßen „natürlich“ erscheint, da man Blue Jeans mit Baumwolle assoziiert. Ganz so einfach ist es nicht.

Mit Sicherheit liegen einige Exemplare davon auch in Ihrem Schrank

Die gute alte (oder neue) Blue Jeans lässt sich nur recyceln, wenn sie zu 98 Prozent aus Zellulose-basierten Fasern (Baumwolle, Leinen, Hanf, Viscose etc.) besteht.

Liegen die Anteile von Fasern, die aus Plastik bestehen, wie Nylon, Polyester oder Elastan über 2 Prozent, lässt sich aus der alten keine neue Jeans anfertigen.

Knöpfe, Reißverschlüsse, Nieten und Markenkennzeichnungen sind ebenso kritisch für den Recycling Prozess.

Und das sind nur einige der vielen Details, die beim Thema Blue Jeans und Kreislaufwirtschaft zu berücksichtigen ist.

Das Thema ist komplex: Für den Anbau der Baumwolle werden in der Mehrzahl noch große Mengen von Wasser, Pestiziden und Herbiziden eingesetzt. Die Färbung erfolgt meist noch mit giftigen Chemikalien und hinter dem natürlich klingenden „stone-washed“ ist leider kein idyllischer Fluss mit Kieselsteinen zu verstehen. Ganz im Gegenteil.

Aber es gibt Hoffnung: 60 Hersteller haben sich zu einer Jeans-Redesign Initiative zusammengeschlossen. Darunter so bekannten Marken wie C&A, Chloé, GAP, Guess, Levi Strauss&Co und Tommy Hilfiger.

Ziel der Initiative ist es, jeden einzelnen Prozess in der Entwicklung und Produktion von Blue Jeans zu überprüfen und so zu gestalten, dass weniger natürliche Ressourcen verschwendet werden, die Gesundheit der Arbeiter nicht gefährdet, die Umwelt geschont und die Jeans am Ende sehr viel einfacher recycelt werden kann.

Technologie ist dabei entscheidend: Jeans können beispielsweise auch durch Einsatz von Laser-Technologie den gewünschten Stone-Washed und Distressed-Look erhalten.

Wir lassen unsere 15 Jahre alte Jeans nun mal zum zweiten Mal reparieren, um sie noch einige Jahre zu tragen, bevor wir versuchen, sie in den Kleiderkreislauf zu geben.

Siehe auch
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New York probiert sich im Kleiderkreislauf 

Jedes Jahr landen 100,000 Tonnen Kleidung auf den Mülldeponien von New York City. Die Kleidung, deren Herstellungsprozess große Mengen an Pestiziden, Chemikalien sowie CO2 für Transporte etc. erfordert hat, landet zu 73 Prozent im Müll und wird auf Mülldeponien entsorgt oder verbrannt.

Lediglich 1 Prozent der Kleidung wird als Grundstoff zur Erstellung neuer Kleidung genutzt.

#WearNext

Mit einer gemeinsamen Kampagne der New Yorker Stadtbehörden, großen Modemarken und der Ellen MacArthur Stiftung war vom 4. März bis zum 9. Juni 2019 in der gesamten Stadt, auf Bussen, Gebäuden, auf den Displays von Geldausgabeautomaten und in allen Sozialen Medien der Kampagnen-Slogan #WearNext zu sehen. 

Mit dem Hashtag wollte man die New Yorker inspirieren, ihre abgelegte Kleidung nicht mehr in den Müll zu werfen, sondern länger zu tragen, zu reparieren, zu tauschen oder bei Annahmestellen abzugeben, die sich verpflichten, die alten Kleidungsstücke zu neuer Kleidung umzuarbeiten.

Die Anzahl der Annahmestellen wurde zudem massiv erhöht. Auf einer interaktiven Karte waren für jeden New Yorker die Orte der neuen Abgabestationen zu sehen.

Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum wurden 583 Tonnen Kleidung mehr abgegeben, um daraus neue Kleidung entstehen zu lassen. Zumindest ein gewichtiger „Tropfen auf dem heißen Stein“.

Wir lieben Mode

Gelingt es, das Bewusstsein für mehr Kreislaufwirtschaft an vielen anderen Orten und in vielen weiteren Ländern zu erhöhen, ist schon viel erreicht. 

Vielleicht bleibt ein Trend aus COVID-Zeiten bestehen (sollte es jemals post-COVID-Zeiten geben). Viele Freunde berichten, dass Sie mit Beginn des Tragens von Masken modisch mutiger geworden sind.

Als Bekleidungsgeschäfte im Lockdown geschlossen waren und nur noch Online-Shopping möglich war, begannen viele ihren Kleiderschrank zu durchforsten (Shop your Closet) und sehr viel gewagtere Kombinationen zu tragen.

Die Maske vor dem Gesicht führte zu mehr modischem Mut.

Mode macht, bei allen Gedanken um die Rohstoffe, auch sehr viel Spaß. Gut gekleidet zu sein, verleiht Selbstbewusstsein und ist in vielen Berufen karrierefördernd

Von GloriousMe daher ein Plädoyer für bewusste Käufe in der bestmöglichen Qualität.

Gutes Design, qualitativ hochwertige Stoffe, bewusst ohne Plastikanteile und richtig gepflegt sieht jahrzehntelang gut aus und das Beste vom Besten ist am Ende für den Planeten und einen selbst günstiger. Doch ein Happy End.

 
 
NYC Fotografien © GloriousMe
 
Titelfoto: Misia in Tomo Koizumi Couture, Eröffnungszeremonie im Olympiastadion, Olympische Spiele 2020 in Tokio, Japan, Quelle: Yohei Osada/AFLO SPORT/Alamy Live News © Aflo Co. Ltd. / Alamy Stock Foto
 
Ellen Mac Arthur Ankunft in Falmouth, Weltrekord 2005 © brentonwest / Alamy Stock Foto
 
 
 
 
 
 

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